Liebe Kerstin,
puh ja, das ist lange überfällig. Tatsächlich geht es nicht so auf Knopfdruck, manchmal bin ich auch einfach für eine Zeit offline.
Zitat:.....dass man zuerst Erwachen erfahren muss, um danach die Selbsterforschung zu betreiben?
"Erwachen" ist für mich eigentlich nur ein sehr allgemeiner Begriff für einen Prozess der Selbsterkenntnis. Er kann, besonders zu Beginn, sehr unterschiedliche Formen annehmen. Z.B. durch ein Interesse an Psychologie, an grenzüberschreitenden Wissenschaften, ein besonderes Interesse an philosophischen Fragen etc.pp. Ich glaube, dass die treibende Kraft all dieser Interessen die Suche nach dem Faktor ist, der allem zugrunde liegt.
Bis zu der Erkenntnis, dass diese Suche nicht durch Erforschung des Äußeren befriedigt wird, kann wiederum Zeit vergehen. Goethes Faust steht an diesem Punkt:
Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Magister, heiße Doktor gar
Und ziehe schon an die zehen Jahr
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum-
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Wie man ja weiß, berginnt er dann die Selbsterforschung und lässt sich mit dem Ego ein, genannt der Teufel.
Aber was ich sagen will: Irgendwann kommt ein Mensch an einen Wendepunkt, an dem die Summe all seiner Erfahrungen ihm die Vergeblichkeit seiner Suche im Außen bewusst werden lässt und er sich fragt, was er übersehen hat. Das ist gleichzeitig der Punkt, an dem Zweifel über die Werte der Welt auftauchen und das ist die "kleine Bereitwilligkeit", von der der Kurs spricht.
Zitat:Nein, die Selbsterforschung kann jederzeit als spirituelle Praxis ausgeübt werden, wichtig ist dabei nur, dass man nicht in eine Identifikation mit irgendetwas kommt, denn Identifikation ist der Ausgangspunkt der Fragestellung, ohne Identifikation ist diese Praxis nicht nötig, es ist ja immer klar, neti –neti.
Ja genau, aber sie wird erst möglich, wenn ein Mensch reif dafür ist, denn vorher wird ihn Selbsterforschung einfach nicht interessieren. Solange das gesamte Wertesystem auf Werten der Welt beruht, das "SEIN" aber nicht geschätzt wird, gibt es keinen Grund, Selbsterforschung zu betreiben.
Zitat:Ja, erst nachdem die Identifikation mit dem Ego in Frage gestellt wurde kann erkannt werden, dass das, was ich bin, nicht das Ego sein kann.
Auf welche Weise dieses Erkennen stattfindet ist unerheblich, es kann das Advaita typische Erwachen sein, eine außerkörperliche Erfahrung jedweder Art, oder einfach das intellektuelle Erkennen, dass das, was ich beobachten kann nicht ich sein kann, denn da sind der Beobachter und das Beobachtete, also zwei.
Ja, wenn das geschieht, wenn also jemand versteht, dass Bewusstsein unabdingbar ist, um die Tätigkeit des Ego beobachten zu können, ist der Bann des Ego zu einem Teil gebrochen. Der nächste Schritt ist dann die Festigung im Bewusstsein und wenn das "Ich Bin" zum ständigen Zuhause geworden ist, taucht in ähnlicher Weise das Gewahrsein der Quelle auf, aus dem das Berwusstsein hervorgeht.
Zitat:Und das ist es auch schon, absolut NICHTS anderes mehr zu wollen.
Das ist Ernsthaftigkeit und die eigentliche Kraft hinter dem ganzen Prozess, egal welchen Weg man geht. Nur dieses eine Ziel bedeutet dann noch etwas.
Aber das wird nicht leicht. Das Ego wird zurückschlagen und dich daran erinnern wollen, dass du ohne es nichts bist. Und was mich betrifft, schafft es das auch leicht immer wieder. Und dann denke ich oft, dass es nicht zu schaffen ist. Die Identifikation ist nicht leicht zerstört, denn die ihr innewohnende Kraft ist der Glaube,
dies zu sein. Und man gibt sich nicht leicht selbst auf. Auch dann nicht, wenn die Gewissheit, etwas anderes zu sein, wächst. Es ist ein Kampf, und der ist schwer. Aber dennoch ist der Ausgang gewiss.
Liebe Grüße