22.07.2015, 14:47
(21.07.2015, 19:18)Koman schrieb: Oder wie mit dem Contergan-Skandal... Ein Medikament wird rausgebracht, dessen Nebenwirkungen nicht bekannt sind. Die Folge: 5000 - 10000 Behinderte Menschen und eine ganze Menge Todgeburten. Karma bedeutet TAT. Also folglich ist eine schlechte Tat etwas, das schlechtes Karma erzeugt. Die Opfer in beiden Fällen, müssen für die Taten anderer büßen.
Hallo Koman, Lolo und Paradoxa …. Das Problem mit dem Wort „Karma“ ist ja nun, das niemand eigentlich so genau weis, was unter „Karma“ zu verstehen ist. Das hängt damit zusammen, dass es nicht in unserer Kultur geboren wurde, und erst mit Rudolf Steiner, Madame Blavatsky und Co. es in unseren Kulturkreis eigeführt wurde mit deren (sehr oberflächlichen) Verständniss. Später kam der „Buddhismus“ hinzu, aber auch er hat nicht unbedingt zur Klärung dieser Frage beigetragen. Gerade deswegen sollte man sich zuerst mal mit der eigentlichen Wurzel und Herkunft dieses Wortes befassen, bevor es jeder selber bedeutungsschwanger Interpretiert. Da ist dann die Rede von „Karma-Schulden“ und „Opfern“ …. leider ist das nicht die Sicht z.B. eines Buddhas, denn „KarmaSchulden“ sind eigentlich nichts anderes als verkappte Christliche Ideen, da wir in diesen Kulturkreis gross geworden sind.
Um es vielleicht ganz knapp zusammengefasst zu sagen aus Buddhistischer Sicht; Karma ist NICHT, dass man in einer Flutwelle in Thailand ertrinkt, sondern Karma ist, was im Moment des Sterbens in dir abgeht. Karma ist nicht, das dir ein Dachziegel auf die Rübe fällt, sondern Karma ist, wie du mit den Folgen dieses Unfalls umgehst. Karma ist nicht, das jemand in einem KZ Vergasst wird, sondern Karma ist, wie er dieses Erlebt. Karma sind nicht die Ereignisse, sondern unsere reaktionären Muster (Konditionierungen) auf diese äusseren Ereignisse. In diesem Sinn ist es (aus der Sicht des Karma) einfach nur „Mumpitz“ zu sagen, dass ein „Kontergan-Kind“ oder ein KZ-Opfer einfach nur quasi so eine Art „Rückwirkung“ auf früheres böses Handeln dieses Erleiden muss. Leider wird hier in unserem Kulturkreis Karma eben meistens durch diese unsere Christliche Brille des „Auge-um-Auge“ gesehen.
'Karma' (= 'Aktion', 'Wirken') ist in Buddhas Lehre untrennbar mit 'cetana', dem Willen verbunden. So kommt es z.B. deutlich in Anguttara Nikaya VI.63 zum Ausdruck:
"Es wurde ferner gesagt, daß man das Wirken (karma) zu erkennen hat, sowie seine bedingte Entstehung, seine Verschiedenartigkeit, sein Ergebnis, seine Aufhebung und den zu seiner Aufhebung führenden Weg. Warum aber wurde dies gesagt? Den Willen, ihr Mönche, bezeichne ich als das Wirken (cetanaham bhikkave kammam vadami), denn, nachdem man es gewollt hat, vollbringt man das Wirken in Werken, Worten und Gedanken (mit Körper, Sprache und Geist, kaya, vac und manas).“
Was hat ein Seebeben, deren Flutwell und das Sterben vieler Menschen im Tsunami oder in einem KZ mit Wille und mit menschlichem Handeln/Wirken zu tun? Absolut Nichts ….
"Páli: kamma, wörtl. 'Wirken, Tat', bezeichnet, genau genommen, den die Wiedergeburt (Konditionierung, Wiederholung) erzeugenden oder Charakter und Geschick der Wesen beeinflussenden heilsamen oder unheilsamen Willen (kusala- oder akusala-cetaná) sowie die damit verbundenen Geistesfaktoren. Dieser karmische Wille (kamma-cetaná) äußert sich in körperlichen Taten (káya-kamma), in Worten (vací-kamma) oder bloß in Gedanken (mano-kamma)."
"Eigner der Taten sind die Wesen, Erben der Taten, die Taten sind der Schoß, der sie gebiert, sind ihre Freunde, ihre Zuflucht. Was immer für Taten sie tun, gute oder böse, deren Erben werden sie sein." -
Nach der Lehre des Buddha sind die Wahren Ursprünge des Leids verunreinigte Taten (karma) und leidverursachende Emotionen (klesa). (...) Buddha Shakyamuni hat viele Unterweisungen in Verbindung mit Karma gegeben und Karma als die wesentliche Ursache für Glück und Leid beschrieben. Was heißt Karma? Das Wort Karma bedeutet Handlung, Tat, und es bezieht sich auf Anlagen, die wir alle in uns tragen und die wir uns durch eigene Handlungen zugelegt haben. Entsprechend den Handlungen, von denen sie herrühren, sind sie heilsam oder unheilsam und führen zur Erfahrung von Glück oder leid. Weil sie von uns selbst geschaffen wurden, weil sie sich in uns selbst befinden und weil sie bei uns selbst Glück oder Leid bewirken, deshalb ist Karma keine äußere, unabhängige Macht, die uns willkürlich Glück oder Leid auflegt."
Es gibt da kein „böses“ oder „schlechtes“ Karma oder eine „strafende Instanz“ (Karmische Schulden) … es gibt nur einzig deinen Geist, in dem Alles geschiet, geboren wird, empfunden wird, und genau diese Empfindungen (Reaktionen) und Konditionierungen (wiederholungszwänge) ist unser Karma …. Es ist in meiner Sicht eine absolute Vermessenheit und unglaubliche Spitiruelle Ignoranz jemanden zu sagen, das seine Konterganschädigung oder des Grossvaters Tod im KZ eine „Starfe“ oder Antwort wäre, auf „frühere“ schlechte Handlungen. Wenn man diesen irrsinigen Gedanken etwas weiter ausleuchtet, was ist dann mit den „KZ-Wächtern“ …. ? Wären diese dann „Erfüllungsgehilfen“ oder „gute Menschen“, die den Kz-Insassen endlich mal die Chance geben, ihr Karma „abzutragen“ ? …..
Ja, das ungefähr ist die Buddhistische Perspektive von Karma. Und aus diesem Kulturkreis kommt eben dieses Wort, „Karma“ oder „Cetana“ ….