F: Gott mag es wissen; trotzdem ist es wichtig, dass wir etwas tun.
K: Dass wir die Welt verbessern?
F: Naja, Gleichgültigkeit kann jedenfalls nicht die Antwort sein.
K: Einer, der die Welt verbessert - stellt der sich nicht außerhalb des Ganzen? Als separater Gott?
F: Zwischen Weltverbesserer und einem Menschen, der helfen will, ist ja wohl ein Unterschied.
K: Vielleicht kein großer. Wenn du einem anderen helfen willst, willst du etwas verändern an dem, was ist. Ich sage nicht, dass es falsch ist. Aber solange es einen gibt, der eine Verbesserung für nötig hält, und solange das für ihn Realität hat, ist er im Leiden. Mitleid mit einem anderen kommt aus Selbstmitleid.
F: Ich rede von Mitgefühl.
K: Mitgefühl kann keiner haben. Im Mitgefühl gibt es dich nicht mehr.
F: Aber noch die anderen.
K: Im Mitgefühl gibt es auch die anderen nicht mehr.
F: Herrje, das Mitgefühl manifestiert sich in diesem Körper! Und der will vielleicht etwas tun!
K: Mitgefühl ist dein Wesen. Mitgefühl unterscheidet nicht zwischen guten und schlechten Erfahrungen. Es fühlt nicht mit leidfreien oder leidvollen Erlebnissen. Auch Leid ist im Mitgefühl eine Erfahrung und Selbsterkenntnis. Die einzige Qualität ist die Wahrnehmung - damit das Selbst sich selbst erkennt. Und das ist immer hier in allem. Es gibt nur Mitgefühl. Mitgefühl des Selbst zum Phänomenalen.
F: Hör auf! Hör auf mit diesem Geballer von logischen Zusammenhängen. Ich kann dir nur sagen: So, wie du das rüberbringst, wird es mir zuviel.
K: Ich will nichts rüberbringen. Es soll einfach nur zuviel werden.
F: Na, das hast du erreicht. Mit einem Donnerwetter von intellektuellen Konzepten.
K: Du hast ein Konzept vom Mitgefühl. Das Konzept des persönlichen Mitleids. Ich halte etwas anderes dagegen. Das Prinzip des Selbst.
F: Ja, ja, aber es kommt nicht darauf an, dass wir uns intellektuell kloppen! Es geht doch darum, dass wir berührt werden. Willst du uns denn nicht berühren?
K: Nein, ich will niemanden berühren.
F: Wenn ich nicht berührt werde, rauscht es an mir vorbei.
K: Es soll auch an dir vorbeirauschen. Denn dann hört etwas anderes zu. Hier spricht Bewusstsein, und da hört Bewusstsein. Und das, was denkt, die Ich-Idee, die nicht mitkommt, interessiert mich nicht. Die sehe ich gar nicht. Ich spreche mit keiner Person hier.
F: Na, dann viel Spaß.
K: Das einzige, was passieren kann, ist die Akzeptanz, dass du ein Konzept hast und ich ein Konzept habe. Akzeptanz bringt alles hervor. Das Mitgefühl, die Akzeptanz des ganzen kosmischen Seins, kreiert die Diskussionen und die Worte, in denen das Bewusstsein von hier spricht und die es da hört. Es ist ein Energiefluss. Es kommt nicht darauf an, über was wir sprechen. Es kommt auch nicht darauf an, ob wir zu einem Ergebnis kommen oder eine Erkenntnis haben.
F: Für mich kommt es darauf an, was ohne Worte im Raum passiert. Und alles, was ich merke, ist dass du den ganzen Raum mit Wörtern füllst.
K: Klingt gut.
F: Du redest schnell und verwendest bestimmte Begriffe und verbindest Vorstellungen damit. Ich muss erst mal ein Gefühl dafür bekommen, was du damit meinen könntest. Mein Geist muss erstmal mitkommen. Aber wichtig ist doch, was hier passiert. Das ist das einzig Wichtige.
K: Wer sagt jetzt, was wichtig ist?
F: Ich!
K: Wer Ich?
F: Himmel, ich wollte einfach nur wissen, wie man stirbt. Und ob man etwas tun kann.
K: Merkst du nicht, wie man stirbt?
F: Ich merke nur Kahlschlag.
K: Und kannst du etwas tun?
F: Ich weiß es nicht mehr.
K: Gut.
F: Ja, sehr gut.
K: Deshalb nennt man mich Karl-Schlag.
Karl Renz
Das Buch Karl